Selbstständig mit 50plus?

Wer seinen Arbeitsplatz verliert und trotz intensiver Bemühung keine neue Stelle findet, wer im Ruhestand nicht zur Ruhe kommt, sondern sich noch einmal beweisen möchte, der denkt über die Möglichkeit einer Selbstständigkeit nach. Was bei einer geplanten Existenz- gründung zu beachten ist und welche Schritte zu einem erfolgreichen Unternehmen führen, lesen Sie in diesem Artikel.

1. Sie sind eine Unternehmerpersönlichkeit?
Nicht jeder taugt zum Unternehmer. Wenn Sie sich bisher wohlgefühlt haben, einen festen Arbeitsauftrag zu haben, klare Vorgaben zu bekommen, wie eine Aufgabe erledigt sein soll und einen Arbeitsalltag lieben, der von anderen vorstrukturiert wird, dann werden Sie sich als Selbständiger schwer tun.
Unternehmer zu sein bedeutet, aktiv zu sein, mit wechselnden Herausforderungen umgehen zu können, kreative Lösungen zu entwickeln für Probleme, die bisher nicht aufgetaucht waren. Und stark zu sein in mündlicher und schriftlicher Kommunikation. Denn zu Ihren Aufgaben wird es gehören, mit unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu sein, was deren Erwartungen betrifft, ihre Bildung oder die Fähigkeit, sich auszudrücken. Das bedeutet für Sie, dass Sie in der Lage sind zuzuhören, nachzufragen, Ihre Vorstellungen klar zu äußern, zu präsentieren und vor allem eins: zu verkaufen. Nur dann werden Sie in der Lage sein, Kunden zu gewinnen und Geschäfte zu machen.

2. Mit welcher Geschäftsidee gehen Sie an den Start?
Als Erstes werden Ihnen vermutlich die Tätigkeiten einfallen, mit denen Sie bisher Ihr Geld als Angestellter verdient haben. Das kann eine gute Idee sein, vor allem, wenn Sie sich an Kunden wenden können, die Sie bereits aus Ihrer Festanstellung kennen oder wenn Sie für Ihren früheren Arbeitgeber als Freelancer oder Berater arbeiten wollen. Doch sollten Sie in diesem Fall ganz genau darauf achten, dass die Vertragsbedingungen Ihren Vorstellungen und Bedürfnissen entsprechen.

Andererseits lohnt es sich, noch einmal grundlegend nachzudenken, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Vielleicht haben Sie Lust und die Chance , etwas ganz Neues zu beginnen. Was können Sie besonders gut? Damit meine ich nicht nur die Fähigkeiten, die Ihnen in Zeugnissen bescheinigt worden sind, sondern auch Ihre persönlichen Stärken und Eigenschaften. Dazu gehört der grüne Daumen ebenso wie ein Gespür für Farben oder analytisches Denken. Aus allen Ihren Kompetenzen und Stärken lässt sich oft eine gute Geschäftsgrundlage ableiten. Das gelingt Ihnen, wenn Sie sich fragen, welche Probleme Sie mit Ihren Stärken lösen können und welche Menschen diese Probleme haben. Doch das allein reicht noch nicht. Die Antwort auf die Frage, ob diese Menschen ihre Problem auch tatsächlich lösen wollen und ob sie bereit sind, dafür Geld auszugeben, ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, damit eine Geschäftsidee keine Luftblase bleibt, sondern auf Dauer trägt.

3. Was gehört in den Geschäftsplan?
Auch wenn Sie ihn nicht für ein Gespräch mit der Bank brauchen: Ein Geschäftsplan ist wichtig. So wie kein Architekt ein Haus bauen würde ohne einen detaillierten Plan, genauso wenig sollten Sie in Ihre Selbständigkeit starten, ohne sich über grundlegende Entscheidungen im Klaren zu sein. Was genau wird Ihr Geschäftsfeld sein? Wodurch wird sich Ihr Unternehmen von anderen unterscheiden? Bringen Sie alle fachlichen Fähigkeiten mit, um Kundenanfragen befriedigend erfüllen zu können? Mit welchen Angeboten werden Sie starten? Zu welchen Preisen? Welches ist der richtige Standort? Welche Zielkunden wollen Sie erreichen und wie? Was wird die Gründung und die erste Zeit danach kosten und wie werden Sie dies finanzieren?

4. Wo gibt es Fördermittel?
Wenn Sie nicht über das nötige Kapital für die Existenzgründung verfügen, heißt das noch lange nicht, dass Sie  Ihr Vorhaben nicht in die Tat umsetzen können. Für die Anschaffung von Maschinen, die Ausstattung von Räumen, aber auch für eine Betriebsübernahme u.v.m. stehen unterschiedliche Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Auch für ein Begleitcoaching in den ersten fünf Jahren gibt es finanzielle Unterstützung. Eine besondere Rolle spielt hierbei die KFW-Mittelstandsbank, die ein Förderprogramm aufgelegt hat und auch die EU, die zinsvergünstige Kredite vergibt. Die meisten Fördermittel werden nur in Zusammenarbeit mit der Hausbank vergeben. Es lohnt sich, vor der Antragstellung mit einem kompetenten Berater z.B. von der IHK zu sprechen, um einen formgerechten Antrag zu formulieren. Und natürlich auch zu vergleichen, welche Bank Ihre Hausbank werden soll.

5. Wer berät?
Es gibt Beratungsstellen bei den örtlichen IHKen, den Handwerkskammern oder den Einrichtungen der regionalen Wirtschaftsförderung. Banken, Steuerberater und Rechtsanwälte bieten ebenfalls persönliche (z.T. bezahlte) Informationen an. Für diejenigen, die am liebsten ein Seminar oder einen Workshop besuchen, stehen Existenzgründertage oder thematische Vertiefungen wie z.B. zu Marketing und Vertrieb oder dem Abfassen des Geschäftsplans zur Wahl.
Darüber hinaus finden Sie natürlich zu allen Fragen rund um die Existenzgründung Informationen im Internet oder in einer fast unüberschaubaren Menge an Literatur. Diejenigen, die sich am liebsten mit anderen potenziellen Jungunternehmern austauschen wollen, sollten Gründerstammtische besuchen. Besonders hilfreich sind dabei allerdings nicht solche Kollegen, die im gleichen Stadium der Planung und Entscheidung stehen, sondern diejenigen, die schon einige Schritte weiter sind und von deren Erfahrung Sie profitieren können. Ein solches Netzwerk sollten Sie auf jeden Fall aufbauen, es ist auch in der Zeit nach der Gründung von großem Nutzen.

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Nachtrag: Dieser Artikel ist entstanden, nachdem eine Reihe von Klienten zu mir ins Coaching kamen, weil sie ihren Arbeitsplatz mit 50plus verloren hatten und wir nach Alternativen suchen mussten. Es fließen auch meine Erfahrungen als langjährige Gründungsberaterin der KfW-Bank und als Dozentin bei den monatlich stattfindenden Existenzgründertagen der IHK Bodensee-Oberschwaben mit ein.